Können wir bald doch von Luft und Liebe leben?
Das finnische FoodTech-Startup Solar Foods hat ein Verfahren entwickelt, um aus CO2 aus der Luft mit Hilfe von erneuerbaren Energien ein Proteinpulver herzustellen. Dieses Pulver nennt sich „Solein“ und ähnelt im Aussehen und Geschmack Weizenmehl. Da es einen sehr hohen Eiweißanteil von über 50 Prozent hat, wird es auch als Sojaersatz angesehen und gilt somit als Alternative zu tierischem oder pflanzlichem Eiweiß.
Wie Bierbrauen
Die neue Herstellungsmethode kann einen wertvollen Beitrag sowohl zur Klimakrise als auch zur globalen Nahrungsmittelknappheit leisten. Das Verfahren kommt ohne Landwirtschaft, Tiere und Pflanzen aus. Das im südfinnischen Espoo beheimatete, 2017 als Spinoff des finnischen Forschungszentrums für Technologie VTT und der Technischen Universität Lappeenranta LUT gegründete Startup-Unternehmen stellt das Solein-Protein aus CO2 mit Hilfe von Bakterien und Sonnenenergie her. Der Herstellungsprozess ist vergleichbar mit Bierbrauen oder Weinkeltern. Dafür wird Mikrobiom aus der Natur für einen Gärungsprozess verwendet, dem jedoch anstelle von Zucker Kohlendioxid und Wasserstoff sowie Mineralien wie Calcium und Phosphor zugeführt werden. Nach dem Fermentationsprozess kann man aus einer immer dicker werdenden Flüssigkeit einen Brei abschöpfen und der wird dann zu dem Proteinpulver getrocknet. Für Elektrolyse und CO2-Filterung wird viel Strom gebraucht, der aus erneuerbaren Energiequellen wie Solar und Wind kommt. Damit kommen für die Produktion auch Gegenden in Frage, wo normalerweise keine Landwirtschaft möglich ist, wie z.B. die Sahara, arktische Regionen oder gar der Weltall. Es reicht, wenn Sonnen- oder Windenergie vorhanden ist.
Das Pilotprojekt in Espoo produziert zurzeit 300 g Protein pro Tag, aber bereits nach wenigen Jahren sollen größere Dimensionen erreicht werden. Der nächste Schritt soll eine 100-mal größere Produktionsstätte sein, um danach industrielle Größenordnungen zu erreichen, die etwa mit einem Fußballfeld vergleichbar wären.
Rohstoff für viele Lebensmittelprodukte
Solar Foods arbeitet bereits mit Hochdruck an marktfähigen Produkten. Es gibt etwa 20 verschiedene Neuentwicklungen, die bis Ende 2022 die Marktreife erreichen sollen. Das Unternehmen fokussiert dabei nicht auf einen speziellen Lebensmittelbereich wie Milchprodukte oder Fleisch. Solein funktioniert lt. Solar Foods als Rohstoff in vielen verschiedenen Lebensmitteln von Getreide-, Molkerei- bis hin zu Fleischersatzprodukten. „Wir waren selbst über die guten Nährwerte und das große Potenzial von Solein überrascht“, sagt Pasi Vainikka, CEO von Solar Foods.
Heute wird etwa die Hälfte der weltweiten besiedelten Landflächen für die landwirtschaftliche Produktion benutzt, die bis zu 70 Prozent der gesamten Süßwasserreserven verbraucht. Solar Foods will die Proteinproduktion von der ständig zunehmenden Nutzung von Umweltressourcen abkoppeln, so dass dafür nicht Tiere gezüchtet oder riesige Flächen mit Pflanzenanbau belastet werden müssen. Das Treibhausgas CO2 kann natürlich auf diesem Weg ebenfalls abgebaut und einer neuen Verwendung zugeführt werden.
Das TIME Magazin hat Solar Foods auf seine jährliche Liste der weltweit besten Innovationen gesetzt.
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Beitragsfoto oben: Solar Foods