Nordwärts-Südwärts: Begegnungen zwischen dem Polarkreis und Lübeck

Mit ihrer ersten Ausstellung unter neuer Leitung möchte die Völkerkundesammlung Lübeck andere Sichtweisen auf ihre Objekte und die Geschichte der Stadt eröffnen. Zu den Exponaten aus Skandinavien, Sibirien, Grönland, Kanada und Alaska zählen einige der ältesten und viele noch niemals gezeigte Stücke der Lübecker Museen.  

Vom 17. September 2020 bis zum 4. Januar 2021 zeigt die Völkerkundesammlung der Hansestadt Lübeck im Museumsquartier St. Annen eine neue Ausstellung. Thema dieser Schau sind die kulturellen Beziehungen zwischen Lübeck und den Ländern rund um den Polarkreis. Zu sehen sind u.a. noch nie gezeigtes Kunsthandwerk des 16. bis 19. Jahrhunderts aus Finnland und Skandinavien, Trachtenteile, seltene Schamanentrommeln, Waffen und andere Gebrauchsgegenstände, aber auch Reiseandenken und Beispiele für die moderne Kunst der Arktis.

Kulturelle Eigenständigkeit

Während Lübeck und die Hanse in Deutschland lange als „Zivilisationsbringerinnen“ für den Ostseeraum verklärt wurden, belegen diese Objekte eine kulturelle Eigenständigkeit des Nordens. Sie geht bis in das Mittelalter und darüber hinaus zurück und prägte auch Deutschland. Nordische Erfindungen wie die Skier, das Kajak oder der Anorak sind heute selbstverständliche Bestandteile der deutschen Lebenswelt und Sprache.

Besonderes Augenmerk wird auf die kleinen Geschichten hinter den Objekten gelegt, die uns an längst in Vergessenheit geratene Ereignisse und Personen aus unserer gemeinsamen Geschichte erinnern. So taten sich etwa im Jahr 1900 Lübecker Kaufleute und finnische Kunsthandwerker zusammen, um eine Messe zu organisieren, auf der die Einzigartigkeit Finnlands gefeiert und für eine friedliche Unabhängigkeit des Landes vom russischen Zarenreich geworben wurde. Damals beklagte ein Lübecker Journalist: „Afrika, Amerika und besonders die asiatischen Länder sind dem großen Publikum bekannter und vertrauter als das nahe Finnland.“

Kultur der indigenen Gemeinschaften

Mit Werbeplakaten, Postkarten und historischen Reiseberichten greift die Ausstellung das Thema der wechselhaften deutschen Wahrnehmung des Nordens auf und führt uns zurück zu den Wurzeln vieler bis heute wirkungsmächtiger Klischeebilder in unseren Köpfen. Nicht verschwiegen werden darf auch die „nordische“ Ideologie des Nationalsozialismus, der mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs selbst im fernen Grönland Spuren hinterlassen und Opfer gefordert hat.

Natürlich spielt auch die russische Arktis für die deutsche Wirtschaft eine wichtige Rolle, wie am Beispiel der Gasvorkommen auf der Halbinsel Yamal gezeigt wird. Im Zentrum der Ausstellung stehen aber die indigenen Gemeinschaften rund um den Polarkreis, zu denen die Sami in Lappland, die Nenzen und Tschuktschen in Sibirien oder die Inuit in Grönland und Kanada zählen. Neben Aspekten ihrer traditionellen Kultur wie dem Schamanismus, der Jagd oder der Rentierzucht finden auch aktuelle Fragen, etwa nach den Folgen des Klimawandels oder den Risiken und Chancen des arktischen Tourismus, Erwähnung.

 

Weitere Informationen: Völkerkundesammlung der Hansestadt Lübeck

Alle Fotos: Völkerkundesammlung der Hansestadt Lübeck