Reisebericht Teil 4: Von Vaasa nach Oulu – Sommer in der Stadt

Dieser Blog kommt mit etwas Verspätung, Alexandra und Niels-Peter haben die letzten warmen sonnigen Tage am bottnischen Meerbusen genutzt und Radtouren in und um Oulu gemacht. Vor 4 Tagen sind sie dann an der schwedischen Grenze entlang gen Norden gefahren, dazu aber mehr im nächsten Blogbeitrag.

Am Ende dieses 4. Teils, am 26.8., sind wir in Oulu, auf bekannter Strecke von Vaasa über Bergö etwas südlich davon nach Norden zurückgefahren.

Los geht es am Donnerstag, dem 18.8., wir wollen als Abschluss der Tage in Vaasa von dort eine Fahrradtour nach Isokyrö am Fluß Kyrönjoki entlang machen und in Isokyrö im Zelt übernachten. Leider sind Gewitter angesagt, die letzten beiden Tage hat uns in der Stadt schon sturzflutartiger Regen überrascht. Nellie hat Panik bei Gewitter, daher streichen wir die Radtour mit Zelt vorerst und machen einen Entspannungstag auf dem Platz, natürlich mit Morgensauna.

Am Freitag ist weiterhin sehr warmes Wetter mit Gewittern angesagt, daher beschließen wir – nach einem letzten Besuch in Kiels schöner Partnerstadt – weiterzufahren zur Insel Bergö und dort Fahrrad zu fahren, wenn es trocken ist. Wir essen in Vaasa beim Loftet, dem Handwerkshaus in einem sehr schönen alten Holzgebäude Lounas/Mittag.

 

 

Der Mittagstisch wird hier oft als Buffet angeboten und umfasst dann ein Salatbuffet, auch mit Obst, warme Gerichte, darunter auch vegetarische, verschiedene Sorten Brot, kalte Getränke, immer Wasser und dazu Sima und Blaubeer- oder Preiselbeersaftwasser, Kaffee, Tee und manchmal Dessert. Das Essen ist köstlich.

Danach schauen wir uns das Haus und die Ausstellung an. Im Loftet werden u.a. Zinnlampen mit gestanzten Löchern verkauft. Sie wurden früher von den Frauen unter den Röcken in der ungeheizten Kirche genutzt, vielleicht eine Idee für kommende Zeiten…

Aber erstmal müssen wir eine Kühlbox kaufen, da unser Kühlschrank streikt, nicht so gut bei diesen Temperaturen. Das klappt schnell bei Clas Ohlson im Rewell-Center am Markt.

Bevor wir weiterfahren, möchte ich noch das Bibliotheksmuseum sehen. Es befindet sich im 3. Stock der Bücherei von Vaasa. Sie geht zurück auf eine private Bibliothek, die erstmals der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wurde. Im Aufzug sehe ich auf einem Plakat, dass das Museum nur donnerstags geöffnet ist. Zwei Finninnen raten mir, im 2. Stock zu fragen, ob ich es doch sehen kann. Und tatsächlich geht nach kurzer Klärung eine der Bibliothekarinnen mit mir hoch.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Gründungsurkunde datiert auf das Jahr 1794.

In dem schwarzen Schrank haben die Bibliothekare während der russischen Besatzung im 2. Weltkrieg Bücher versteckt, die sie hätten verbrennen sollen, da russlandkritisch. Daneben ein Foto von einem Büchereibus früher.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Dieses schöne Nachtfoto von Vaasa sehe ich beim Rausgehen aus der Bücherei.

Am späten Nachmittag geht es von Vaasa aus ein wenig Richtung Süden bis zur (kostenlosen) Fähre nach Bergö.

Foto: Niels-Peter Mahler

Ein Radreisender aus Bergen in Norwegen, aufgewachsen in Niebüll an der Nordsee, den wir auf dem letzten Schärenstellplatz trafen, hat uns die Insel ans Herz gelegt. Bisher haben wir wenig Deutsche getroffen, dafür aber viele sehr nette Begegnungen mit Finn*innen gehabt. Vor allem in der Sauna wird viel erzählt.

Die Fähre fährt alle 20 Minuten und ist gut besetzt, das Wochenende fängt an. Wir fahren durch das einzige Dorf der Insel mit Kirche, Schule mit Sportanlagen, Bücherei und Landhandel bis zum Caravan Parkering. Dort gibt es Stromanschlüsse und eine offene Holzhütte mit Tisch, zwei Bänken, Kaffeemaschine und Mikrowelle.

 

Wir wundern uns über den regen Autoverkehr. Offensichtlich fahren die Finnen zu den zahlreichen Bootshäusern, die hier an den vielen Ostseebuchten stehen. Davon gibt es deutlich mehr als Einwohner*innen der Insel. Wir vermuten, dass sie zu Sommerhäusern auf den vorgelagerten kleinen Inseln fahren.

 

 

 

 

 

 

 

Nach dem Frühstück erkunden wir am Samstag die Insel mit den Rädern. Erst geht es ans östliche Ufer, dann zum Fiskehamn, der im Nordwesten liegt. Die Straße führt durch Wald, keine Besiedlung mehr, dann über eine Straße, die auf einem Wall im Wasser liegt (auf der Karte führt sie durchs Wasser :)) und schließlich landen wir beim Fiskehamn. Irgendwie wirken das eine große rote Holzhaus und die Halle gegenüber wie am Ende der Welt. Auf dem Parkplatz stehen ein paar PKWs, sonst nichts.

Wir fahren durch das gepflegte Dorf Bergö und an der Schule mit Bücherei und Sportanlagen (für 342 Einwohner*innen!) vorbei zurück. Offensichtlich beginnt eine Jagd, es sind Schüsse zu hören, die unser kleiner Hund gar nicht mag.

 

 

 

 

 

 

 

Wir wollen heute noch weiter, so weit Richtung Norden, dass uns der nächste angesagte Starkregen nicht mehr erwischt. Wir sind etwas spät dran, die Rezeption an dem Campingplatz in Raahe, den wir angesteuert haben, ist nicht mehr besetzt. Man kann sich nicht, wie oft üblich, einen Platz aussuchen und am nächsten Morgen zur Rezeption gehen. Die Servicegebäude sind mit Code zu öffnen. Während wir die angegebene Telefonnummer anrufen, sind laute Salutschüsse zu hören, die Nellie schon wieder in Panik versetzen.

Wir beschließen, nach Oulu weiterzufahren, das nicht mehr weit ist. Sicherheitshalber rufe ich dort an und erfahre, dass für diese Nacht – ungewöhnlich für diese Zeit – alle Stellplätze ausgebucht sind. Wir gucken in unser SFC-Heft und ich rufe den nächsten Platz an, dort läuft AB. Dann sieht Niels-Peter ein Schild mit Camping 7 km. Der Platz ist in unserem Heft des finnischen Camping-Verbunds drin, ich rufe an und bekomme freundlich zu hören, wir können gern kommen. Die Rezeption ist nicht mehr besetzt, alles weitere morgen.

Wir werden tatsächlich auf dem Platz noch empfangen, später merken wir, dass dies ein Vereinsplatz ist, es gibt viele Dauerstellplätze. Alles ist sehr familiär, keine elektrischen Schließanlagen, dafür gepflegt und praktisch eingerichtet.

 

 

 

 

 

 

Sauna mit Terrasse

 

Wir fühlen uns wohl auf dem Platz und entscheiden am Sonntag, eine weitere Nacht zu bleiben. Abends ist Gemeinschaftssauna, um 19 Uhr für die Frauen, um 20 Uhr für die Männer. Der Beginn wird über Lautsprecher durchgegeben, ein finnischer Muezzinruf.

Hier wird nur finnisch gesprochen. Das Reden fällt mir leichter als das Verstehen. Letzteres ist ziemlich schwierig, weil die Umgangssprache anders ist als das, was man so lernt und es viele Dialekte gibt. Mit mir sprechen die Finninnen zum Glück langsamer, wenn sie hören, dass ich Deutsche bin. Niels-Peter wird auch ohne Finnisch einbezogen und bekommt Lakritzschnaps nach der Sauna.

 

Am Montag, dem 22.8., fahren wir weiter nach Oulu und landen gleich zum Mittag wieder im Rooster.

 

 

 

 

 

 

 

 

Danach gehts zum nahegelegenen Marktplatz. Vor 4 Jahren habe ich hier in der Markthalle ein Körnerkissen mit Fuchs gesehen. Das gibt es tatsächlich immer noch und nun wird es gekauft.

 

Wir bummeln durch die Fußgängerzone und ich zeige Niels-Peter, wo ich vor 4 Jahren eine Woche Finnischkurs hatte.

Dann fahren wir zum Campingplatz auf einer Halbinsel vor der Stadt am Meer und stellen Kardemumma, unseren VW-Bus ab. Mit den Rädern geht es bei strahlender Sonne über zwei weiße Holzbrücken nur für Radler und Fußgänger zurück in die Stadt. Auf dem Radweg wird auch Langlauf gefahren.

Als erstes fahren wir zur Touristinformation, um die Fahrradkarte der Umgebung zu holen und zu hören, ob in dem Freilichtmuseum, zu dem wir am nächsten Tag mit den Rädern wollen, Hunde erlaubt sind. Danach fahren wir durch den fantastischen Park Huipisaaret zurück zum Marktplatz und machen dort Picknick in der Sonne mit Blick auf Bücherei und Theater.

 

 

 

 

 

 

 

Auf einem Plakat sehen wir die Luftgitarrenweltmeisterschaft angekündigt. Eine Minute Show zu Hardrock/Heavy-Metall aus der Dose haben die Kandidat*innen Zeit, um das Publikum zu überzeugen. An den Vortagen zum Finale ist für die Teilnehmer*innen ein Programm mit Fatbike-Tour und Sauna geplant. Auf dem Weg in die Stadt sehen wir tatsächlich die Fatbikes an uns vorbeiradeln.

Überall auf den Fahrradwegen, die hier Allzweckwege sind, treffen wir auf Menschen, die joggen, mit den Rädern, mit Rollern oder mit Hund unterwegs sind, sogar mit Rollstuhl. Das klappt auch, wenn eine Spur da ist, es wird sehr wenig geklingelt. Wenn jemand mitten auf dem Radweg anhält, fährt man eben drum rum oder wartet.

 

Hier in Oulu liegen die Boote nicht in Bootshäusern, sondern vor den Wohnblöcken am Wasser.

Am Dienstag fahren wir mit den Rädern am Oulujoki entlang zum Freilichtmuseum.

Im Freilichtmuseum ist eine kleine Kirche wiederaufgebaut.

Neben Wohnhäusern und Landwirtschaftsgebäuden wird die Geschichte der Teerproduktion und Verschiffung dargestellt. Oulu war weltweit der größte Teerumschlagplatz, solange Holzschiffe gebaut wurden.

 

 

 

 

 

 

 

Auf dem Rückweg grüßt uns Snoopy in einer Unterführung.

Danach geht’s noch zum Hundestrand, Nellie läuft inzwischen ganz gut neben dem Rad, sie bellt, wenn sie aus dem Anhänger raus will.

Mittwoch regnet es zwischendurch immer wieder. Wir fahren kurz in die Stadt und essen beim Rooster, der wie immer ziemlich voll ist.

Nachmittags fahren wir in den Nachbarstadtteil Toppila zum nächsten Supermarkt und stellen fest, dass hier ein neues Stadtviertel entsteht. Auch der K-Markt ist so neu, dass noch Bauzäune stehen. Innen punktet er durch ein außergewöhnliches Angebot auch an vegetarischen und asiatischen Lebensmitteln.

 

 

 

 

 

 

 

Am Donnerstag fahren wir die „Zwei-Seen-Tour“, sie führt auch am Campus vorbei. Dass es viele Student*innen gibt, nämlich 13.000, sieht man in der Stadt. Auch hier an der Uni ist die enge Verbindung zur Natur spürbar. Auf den Haupteingang führt eine Allee aus Tannen zu.

 

 

 

 

 

Bei diesen Radwegen und der Beschilderung wundert es nicht, dass in Oulu 20% aller Wege mit dem Fahrrad zurückgelegt werden – trotz des langen Winters.

 

 

 

 

 

 

 

Auf dem Rückweg in die Stadt fahren wir wieder durch den Park Huipisaaret. Dort haben wir inzwischen auch ein Lieblingscafe mit sehr leckerem Cafe (Fairtrade aus Belgien erzählt mir die Frau am Tresen). Die weißen Brücken sind in der ganzen Stadt zu finden.

Und sie werden genutzt, die Menschen genießen die letzten warmen Sonnentage, alles läuft und radelt ins Grüne.

 

 

 

 

 

 

 

Wir wollen noch in den Dom von Turku, er ist innen und außen hell und einladend gestaltet.

Danach sehen wir uns im Kulturzentrum eine Fotoausstellung einer samischen Künstlerin an, die besonders die Beziehung der Menschen und der Sami im Besonderen zur Natur thematisiert und die Bedrohung der Natur und damit der Lebensgrundlagen, dies ist ein Foto von einem Video.

Oulu selbst ist – jedenfalls im Sommer – eine sehr grüne Stadt, das sieht man auch gut vom Turm der Tähtitorni/Sternenwarte aus, wo wir zum Abschied von Oulu im Cafe etwas trinken und essen. Nellie bekommt Hundeeis – es ist ein hundefreundliches Cafe – das sie erst misstrauisch betrachtet, dann aber sehr mag.

 

Der Tähtitorni steht auf Resten einer Burg aus dem 16. Jahrhundert.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Von hier fahren wir Richtung Norden, am Samstag werden wir auf dem Weg eine Einweihungsfeier besuchen, zu der wir eingeladen wurden, mehr dazu im nächsten Blogbeitrag.

 

Text und Fotos: Alexandra Mahler-Wings

 

Fortsetzung folgt!

Bisherige Reiseberichte:

Teil 1: Neun Wochen durch Finnland mit dem VW-Bus

Teil 2: Am Polarkreis im Mökki und Airbnb

Teil 3: Vaasa und der Kvarken