Schnell reden – wenig sagen?

Als Vertreter der sogenannten „ kleinen Sprachen“, zu denen auch die finnische Sprache zählt,  ist man gezwungen, Fremdsprachen zu lernen, damit man in der großen weiten Welt zurechtkommt.  Im Sprachunterricht ist ja alles noch recht einfach, aber im richtigen Leben, mit der Redegeschwindigkeit von Muttersprachlern konfrontiert, stößt man dann schnell an seine Grenzen. Dabei gibt es auch beachtliche Unterschiede. Gefühlt nimmt die Redegeschwindigkeit zu, je weiter man sich Richtung Süden bewegt und man folgert dann leicht daraus, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Temperament der Menschen und der  Redegeschwindigkeit gibt.

Bits und Informationen

Forscher der Universität Lyon haben jedoch eine andere Erklärung dafür parat. Sie haben die Struktur europäischer und asiatischer Sprachen durchleuchtet – und einen überraschenden Zusammenhang entdeckt: Je niedriger der Informationsgehalt einer Sprache, desto höher ist das Redetempo.

Wie jetzt – die Italiener reden viel und sagen wenig? Ganz so einfach ist es nicht. Bei der besagten Studie geht es um Information im technischen Sinne, die in Bits pro Silbe ausgedrückt wird und nicht um Bedeutung. Die Berechnungsmethode, auf der die Studie basiert, wurde bereits im Jahr 1948 von dem amerikanischen Mathematiker Claude Shannon entwickelt. Im Wesentlichen geht es darum, dass überraschende Zeichenfolgen viel Information enthalten und vorhersehbare wenig.

Gehirnverträgliche Geschwindigkeit

Die Autoren der Studie haben anhand der Silbenfolgen bei 17 verschiedenen Sprachen deren Informationsgehalt bestimmt. Viel Information enthält z.B. die englische, vietnamesische und thailändische Sprache, arm an Information sind dagegen Sprachen wie Italienisch, Baskisch oder Japanisch. Die Forscher konnten durch Zuhilfenahme der quantitaven Methode nachweisen, dass die Verkopplung des Informationsgehalts einer Sprache und der Redegeschwindigkeit immer in einer ähnlichen Übertragungsrate mündet, nämlich etwa 39 Bits pro Sekunde. Das bedeutet also, dass der Informationsgehalt offenbar die gesprochene Sprache bremst und die Übertragungsrate sich vermutlich an der optimalen Verarbeitungsfähigkeit des Gehirns orientiert.

Die deutsche Sprache liegt nach dieser Studie übrigens im Mittelfeld zusammen mit Ungarisch und Französisch. Finnisch liegt eher im unteren Drittel, d.h. mit weniger Informationen pro Silbe, zusammen mit Catalan und Serbisch.

Und was lernen wir daraus? Wenn diese Theorie auch auf Dialekte anwendbar ist, dann muss der in Savo gesprochene finnische Dialekt vollbepackt sein mit Informationen und der in Häme erst recht.

Oder wie die Finnen in Karelien sagen: Puhu sie, mie piän hevosta. (Rede du, ich halte solange das Pferd).

Marianne

Zur Studie (Englisch)

Credit Foto: Harri Tarvainen/Visit Finland